André Berthel beim Wettkampf in ClearwaterMit vor Stolz geschwellter Brust bin ich zurück aus Clearwater Beach. Weniger der Leistung wegen - dafür mehr wegen dem Urlaubs-Wettkampf als Ganzes.

Ein Super-Erlebnis: einmal an einem so großen Event wie diesem teilnehmen zu dürfen.

Nachdem ich nahezu jeden Tag das Superwetter auf dem Rad oder beim Schwimmen im Meer genossen habe, kam der Tag X immer näher.

Am 12.11. brachte ich wie alle anderen Athleten meine Wechselbeutel sowie mein Rad in die Wechselzone. Ich lief nochmal alle Wege in der Wechselzone ab, um sicher zu gehen, dass nix schief geht.

Der 13.11.2010.

Um 5 Uhr weckte mich der Wecker. Obwohl ich eben erst eingeschlafen war, machte mir das keine Probleme. Ich war sofort fit.
Der erste Blick ging gen Meer. Es machte nur kleine Wellen und so ging ich auch beruhigt zum Athletengarten.
Dort malten mir Helfer meine Startnummer auf den Arm. Anschließend zog ich meinen Neo an und ging mich einschwimmen. Bei 20°C Wassertemperatur eine angenehme Sache. Als ich meinen Kopf aus dem Wasser hob, sah ich wie die Profi-Männer mit einem lauten Kanonendonner um 6 Uhr 45 auf die 1,9 km gingen. Nach ca. 30 Meter sprinten, sprangen sie dann kopfüber in den Golf von Mexico.

20 Minuten später war meine Startgruppe (AK 30-34, Badekappenfarbe Baby Blue) auf der 1,9 km Schleife unterwegs.
Es lief nicht schlecht, aber 900m draussen auf dem Meer kann man leider auch nicht mit "am Strand" vergleichen. Ein übelwerdender Wellengang machte das Orientieren nicht einfach, hinzu kam noch das die tiefstehende aufgehende Sonne genau über dem Wasserausstiegsbogen taumelte.

Am Strand standen tausende Zuschauer, die begeistert der ganzen verückten Meute ihren Beifall spendeten. Helfer halfen mir in Bruchteilen von einer Sekunde aus dem Neo. War auch das erste Mal für mich, diesen Service geniesen zu dürfen. Ich schnappte mir meinen ersten Wechselbeutel, zog die Radschuhe an und rannte so gut es ging zum Rad. Dort setzte ich den Helm auf und flüchtete auf den 90 km Bikekurs. Das Aufspringen und Einklicken in die Pedale verlief reibungslos, so machte ich schon die ersten Plätze gut. Bei leichtem Gerangel auf den ersten hundert Metern musste ich noch leicht taumeligen Athleten sowie verlorengegangenen Radflaschen ausweichen. Gefährliche Situationen, die schnell zum Sturz führen.

Ab Kilometer 5 wuchs wie aus dem Nichts eine ca. 25 Mann grosse Gruppe.
Obwohl Windschattenfahren mit einer roten Karte bestraft wird (was 4 Minuten Zeitstrafe absitzen in der nächsten "Penality Box" heißt), nahmen einige unfair fahrende Athleten dies scheinbar in Kauf. Mit oft nur wenigen Zentimetern Abstand zum Vordermann kurbelten wir oberhalb der 40 kmh Marke.

Da das Ganze nicht ungefährlich war und in mir die Wut hochkam, drückte ich gut drauf. Die Gruppe zerfiel zusehends. Doch genau so schnell sammelten sich immer wieder neue Fahrer hinter mir.

Mir machte das Arbeiten "allein im Wind" keine Probleme - ganz im Gegenteil - der flache Kurs machte unheimlich Spaß. Durch die ständige Nervosität in dieser Gruppe kamen öfters Fahrer nach vorn, die das Tempo nach kurzem Aufbäumen eher verschleppten. Stellenweise fühlte ich mich gefangen und eingeengt. An Verpflegungspunkten brachte der Pulk zusätzlich Probleme, was ein Getränkefassen erschwerte. Auch verlorengegangene Rad-und Getränkeflaschen erhöhten das Sturzrisiko.

Ein "Zurückfallenlassen" kam für mich nicht in Frage. So forcierte ich das Tempo bei Kilometer 40 erneut und konnte mich wieder absetzen. Nach ca. 10 km waren wir dann nur noch zu fünft und ballerten mit stellenweise 47 km/h über den Highway.

Ausser mir fuhren noch zwei Athlethen sehr fair. Die beiden anderen bekamen berechtigt dann auch irgendwann ihre Rote Karte.
Geil, denn die war verdient!

Nach Kilometer 75 bemerkte ich, wie mir das Treten schwerer fiel, ich konnte mir denken warum. Im Temporausch vernachlässigte ich die Nahrungsaufnahme. Ich schob sogleich ein Gel nach.

Schon leicht geschafft, flog ich wieder mit ca. 20 Mann im Schlepptau in Richtung zweiter Wechsel.
Auf dem letzten Radkilometer nahm ich das Tempo raus und ließ den Troß vorbeifahren. Damit beim Absteigen nicht noch was schief geht.
Wieder waren Helfer zur Stelle und nahmen mir beim Betreten der Wechselzone das Rad ab. Schnurstracks lief ich zum nächsten Wechselbeutel und schlüpfte in die Laufschuhe.

Auf den ersten Metern merkte ich, dass ich dieses Level nicht halten konnte. Ich lief mit den schweren Beinen von Verpflegungstelle zu Verpflegungstelle. Ab und zu lief es gar nicht schlecht, aber die schwüle Hitze erschwerten mir das Ganze. Hinzu kam, dass sich am linken Fuss eine Blase bildete.
"Verückt" dachte ich, ausgerechnet heute!

André Berthel - unser Triathlet in Clearwater/USAMit kurzen Gehpausen auch zwischen den Verpflegungspunkten kam ich dem Ziel dennoch näher. Auf den letzten zwei Kilometern genoss ich nochmal das Flair einer Weltmeisterschaft mit Palmen, tausenden Zuschauern und dem ganzen gelungenem Drumherum.

Nach 4 Stunden und 38 Minuten durchlief ich den Zielbogen.
Mit Platz 535 Gesamt und Platz 78 in meiner Altersklasse ein gutes Ergebnis.

Da das Ergebniss ausbaufähig ist, werde ich in absehbarer Zeit die Qualifikation für ein WM-Ticket nochmals in Angriff nehmen.
Nächstes Jahr versuche ich erstmal eine gute Grundlagen zu legen, um einmal die Langdistanz zu finishen.
Deshalb werde ich einige längere Kanten in jeder Disziplin versuchen.

 

PS: Ich schrieb in der Überschrift "Land des Plastik": Wer Müsli und Kaffee gern aus Plastik und/oder Styropor zu sich nimmt, ist dort genau richtig  :-)

 

Hier nochmal die Einzelzeiten:

Swim Bike Run Total Rang AK
33:46 2:09:16 1:48:43 4:38:35 552 78

Offizielle Ergebnisliste: ironman.com/...

 

Sport Frei!
André Berthel

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